Und ab nach Tiflis
Meine Beine! Meine Füße! Jesus Christ! Das war etwas viel. Aber froh, es gemacht zu haben, bin ich schon. Außerdem sind meine neuen Schuhe jetzt sicher eingelaufen.
On top werde ich wieder mit „meinem“ Giorgi fahren! Das ist immer gut! Wie immer ist überpünktlich und so machen wir uns um kurz vor 9 auf den Weg. Wir haben einiges an Strecke vor. Wir wollen zunächst zurück nach Tiflis, dort kurz halten und uns eine Vorführung seines Sohnes angucken. Der ist vier und sein Kindergarten schmeißt jedes Jahr ne Show, wo die Kinder in Kostümen aus unterschiedlichen Regionen Georgiens etwas singen und tanzen. Dann ist tanken angesagt und wir fahren durch den Gombori-Pass bis nach Telavi. Da gibt es zwar nicht so viel zu sehen, aber in diesem Fall ist tatsächlich der Weg das Ziel, denn die Strecke soll hübsch sein.
Als ersten kommen wir an einem kleinen Cafe mitten in den Bergen vorbei. Neben dem Cafe gibt es eine Aussichtsplattform bei der Georgien mal wieder mit seine Landschaft angeben muss. Fucking Poser!
Als nächstes machen wir wieder im Restaurant Pasanauri, im gleichnamigen Dorf, halt und ziehen und Khinkali (das waren diese georgischen Dumplings) und Shkmeruli, Huhn in einer Knoblauch-Milch Soße. Shkmeruli ist der heißeste Shit und bisher mein Fave der georgischen Küche.
Ich habe mir das auch in Stepantsminda zwei mal gedrückt, war aber nie so gut wie hier. Das Fleisch war dort leider immer sehr trocken. Hier ist es einfach nur gut! „That‘s because in Kazbegi they buy the chicken from Supermarket. This here is village chicken“, ist Giorgi überzeugt. Was auch immer es für Chicken ist, es ist das mit Abstand beste Shkmeruli meiner Reise.
Die Zeit vergeht schnell und ich gaffe Landschaft, denn ich bekomme einfach nicht genug davon. Ich habe keine Ahnung, wie Georgien so massiv unter fast jedem Radar fliegen kann, wenn es hier so schön ist. Ich machen keine Fotos aus dem Auto, sondern genieße einfach nur.
Wir kommen in Tiflis an, und ich werde recht ruppig aus meinen Träumereien geholt, als sich herausstellt, daß die Ursache für den Stau, in dem wir stehen kaum das wir das Ortsschild passiert haben, ein Unfall ist. Wir fahren quälend langsam an der Unfallstelle vorbei. Neben den LKW, der einen Fußgänger erwischt zu haben scheint, steht an der Straße die Trage des Krankenwagen. Eine Decke ist über die ganze Trage gezogen und verdeckt den Körper der Person vollständig. Es ist viel Blut zu sehen. Das sieht nicht gut aus. Giorgi bekreuzigt sich, ich drücke die Daumen, das die Person vll. doch noch lebt.
Es vergeht eine gute halbe Stunde, bis wir den Kindergarten von Giorgi‘s Sohn erreichen. Hier lerne ich nun auch mal seine Frau in live kennen. Sie begrüßt mich herzlich aber wendet sich schnell wieder ihrem Stammhalter zu, denn der kämpft mit seinem Kostüm. Auch dem Filius gebe ich die Hand, in die grinsen einschlägt und „Gamarjoba“ schreit; süß.
Zwei Regionen sind noch vor seinem Sohn dran, bevor dieser mit seiner Klasse Samegrelo, aus dem Westen Georgiens, repräsentieren wird. Die Kinder haben alle unterschiedliche Kostüme an. Manche Gruppen haben auch noch Krüge, Tassen oder Blumensträuße am Start. Alle präsentieren einen Tanz aus der jeweiligen Region und geben dabei ein traditionelles Lied zum Besten. Die Lehrerinnen haben sich ebenfalls passen in Schale geworfen und assistieren wo es geht bzw. nötig ist. Ich filme das nicht, denn ich käme irgendwie creepy vor Kinder zu filmen, die nicht meine sind. Außerdem wäre eh kaum ein Durchkommen, den ein ganze Wand aus Müttern und Vätern mit Handys und Camcordern hat sich bereits geformt und verdeckt einen Großteil der Aufführung.
Giorgis Sproß ist dran. Sichtlich stolz verfolgt der Papa seinen Sohn auf der Bühne und erklärt mir dabei, was es mit den Kostümen, dem Tanz und der Musik auf sich hat. Der Kleine ist mit Abstand der Aktivste seiner Gruppe und hat sichtlich Freude an seiner Aufführung.
Knappe 5 Minuten später ist es auch schon vorbei und Girogi drängt zum Aufbruch. „If he see me, he want to come with us and he will cry because he needs to stay“, sagt er und so machen wir uns auf dem Weg zum Tanken.
Auf dem Weg zum Gombori-Pass, dann plötzlich wieder Stau. Noch ein Unfall. Ein LKW liegt seitwärts auf der Fahrbahn. Die Fahrweise der Menschen hier hat einen hohen Preis, wenn mal was schief geht. Glücklicherweise habe beide Fahrer überlebt. Es scheint ihnen sogar hervorragend zu gehen, den sie stehen beide vor einem Polizeiauto und schreien sich an.
Und weil es auf der Straße nicht weiter geht, muss dann halt der Seitenstreifen als Spur herhalten.
Wir fahren weiter und kommen schließlich an der Burg Ujarma vorbei. Wir halten und ich mache mich auf den Weg zur Kasse, um ein Ticket zu kaufen. Da es sich hier um ein nicht mehr genutztes Bauwerk, anders als z.B. die Klöster, handelt, ist der Eintritt nicht frei. Das Geld wird dann angeblich zum Erhalt und zur Restauration genutzt.
Die Festung ist alt! Im 3. Jahrhundert begannen die Arbeiten und zogen sich über die Jahrhunderte, bis die Anlage schließlich bei einem Überfall im Jahr 914 zerstört und dann erst wieder im 12. Jahrhundert aufgebaut.
Die Anlage ist erstaunlich groß. Von der Straße aus, sieht man das nicht direkt, aber betritt man die Burg dann, wird schnell klar, daß diese sich über mehrere Etagen erstreckt.
Der Burghof ist dafür relativ klein, ist aber nett eingerichtet und bietet unter und neben zwei Bäumen ein paar Sitzgelegenheiten. Dreht man sich um, blickt man auf eine Glocke und ein Kreuz.
Und natürlich darf auch keine Kapelle fehlen.
Gerne hätte ich das noch weiter erkundet, aber es geht stetig auf und ab, da die Burg auf einem Hügel steht und meine Füße raten mir dringend an selbige mal für eine Weile still zu halten und ihnen einfach mal Ruhe zu können. Und so breche ich meine Besuch ab und schreite im Schneckentempo den Hügel zu, Parkplatz hinab. Natürlich geht es auch hier steil ab, sodaß auch meine Knie sich ziemlich beschweren. Das Sitzen im Auto ist derzeit das einzig Vernünftige.
Als nächstes fahren wir durch über den Gombori-Pass. Das ist genau das Richtige! Es geht Serpentinen rauf und runter und die Straße wir gesäumt von Bäumen im Herbstkleid. Die Farben! Einige Abschnitte sind Alleeartig und die Bäume neigen ihre Äste leicht über die Straße, so daß eine Art Dach entsteht. Das macht den Reiz dieser Fahrt aus und die Erwartung wurde bedient! Es sieht großartig aus!
Auf dem höchsten Punkt des Passes lasse ich es mir dann nicht nehmen noch ein paar Bilder zu machen.
Schließlich erreichen wir Telavi. Kleine Stadt. „There is not much here. Maybe the castle“, sagt Giorgi und behält recht. Es ist zwar eine hübsche Stadt und man merkt, daß hier viel Wohlstand vorhanden ist durch den Wein, der in der Region produziert wird, aber bis auf die Burg, in der nun ein Schule, eine Kunstschule und ein Museum eingerichtet sind, gibt es nicht viel zu sehen. Wurst, denn ich wollte ja die Fahrt über den Pass erleben bzw. sehen.
Wir machen uns auf den Rückweg und halten dabei noch an einem Aussichtspunkt, wo man sich hinsetzen, grillen und entspannen kann. Es ist ma wieder so einer der Momente, wo man etwas richtig Schönes sieht, sich umdreht und merkt, daß die Leute hier ihre Umwelt einfach nicht zu schätzen wissen.
Giorgi hatte je bereits erklärt, daß hauptsächlich Russen und die Georgier selbst, ihren Scheiß einfach überall hinwerfen und das merkt man leider auch wieder hier. Aber seht selbst…
Am Abend erreichen wir Tiflis und werden noch 2 Stunden zu meinem Hotel brauchen, denn Tiflis hat Verkehr wie Hamburg. Random werden irgendwelche Hauptstraßen gesperrt ohne für Ausweichmöglichkeiten zu sorgen oder diese werden gleich mit gesperrt. Baustellen, die nicht fertig werden und Straßenführung, die jeden Tag neu erwürfelt wird.
Auf einer Brücke stehen wir so lang, daß mir eine Langezeitbelichtung aus dem Auto möglich ist (sollte nicht sein).
Und noch ein kurzer Flug über den Herbst.